Guido Freis

Blickfrei(s)

Darf man einen Bericht über London NICHT mit der Tower Bridge beginnen?
Ich glaube nicht. Daher halte ich mich mal an dieses ungeschriebene Gesetz.

Der Blick von der Tower Bridge auf die City of London offenbart einen Blick auf viele Jahrhunderte. Man möchte meinen, jede Epoche hat ihre Meisterwerke zurücklassen dürfen. Der Charme dieser Stadt verbindet völlig selbstverständlich die Steinburgen des Mittelalters mit den Glaspalästen der Moderne. Und es sieht gut aus!

Einen Steinwurf weiter erkennt man, dass die Baulust in London ungebrochen ist. Wenn das weiter so ästhetisch erfolgt, bin ich sogar dafür - wobei man sich fragen muss, wer die horrenden Preise zahlen kann und will. Unschöne Gedanken die mit "Immobilien-Blase..." beginnen, drängen sich auf.

Die meisten Mahnmale vermögen nur unzureichend das zu verkörpern, wofür sie gedacht sind. Diesem Werk hingegen gelingt das ausgesprochen gut. Auch wenn man sich als Deutscher unwillkürlich betroffen fühlt. Churchill hatte es auf den Punkt gebracht: "Never in the field of human conflict was so much owed by so many to so few." Man kann zu dem ganzen Thema sicherlich unterschiedlicher Ansicht sein - aber diese Satz ist auf jeden Fall wahr.

Eine andere Form der Schlacht liefern sich die Architekten des "neuen" Londons. Glas und Stahl sind die bevorzugten Materialien und eröffnen völlig verwirrende Perspektiven.

Teilweise mutet der schnelle Wechsel zwischen historischen und modernen Gebäuden doch etwas skurril an. Die Menschen nehmen die Reizüberflutung vermutlich gar nicht mehr wahr. Es wird halt überall gebaut, gemacht und getan. Bewusst wahrnehmen werden es die wenigsten.

Okay, das hat nix mit Architektur zu tun - aber der muss sein.
Das Schild preist "seriously italian" an und ein Blick auf die Speisekarte offenbart "Pumpkin´ Lasagna".
Ich verbuche das unter britischem Humor.

Fenster putzen bekommt hier eine neue Dimension.

Der Moloch, der dem historischen Gebäude im Nacken sitzt, wirkt geradezu bedrohlich. Und in diesem Fall auch nicht wirklich passend. Manchmal beißen sich verschiedene Stile eben schlicht.

Das hypermoderne globale Hauptquartier der Heilsarmee in bester Lage von London wirft unwillkürlich die Frage auf, ob die Spenden für die Heilsarmee wirklich optimal verwendet werden. Ich habe das recherchiert und kann nun sagen: ja, es ist ein Prunkbau - aber dafür wurden keine Spendengelder verwendet. Das Grundstück gehört der Heilsarmee seit 1861 und man hat 2/3 des Grundstücks verkauft um den Bau zu finanzieren.
Dennoch glaube ich, dass ein bescheidenerer Baustil dieser Organisation besser zu Gesichte gestanden hätte.

Auf dem Treppenabgang der Millenium Bridge zur Themse eröffnet sich unerwartet eine ungewöhnliche Perspektive auf die St Paul´s Cathedral und man muss schon zweimal hinschauen um die Zusammenhänge zu begreifen.

Der Blick unter die Eisenbahnbrücke neben der Blackfriar´s Bridge offenbart eine wunderschöne, symmetrische Architektur.

Wieso glaube ich, dass es nicht allzu viele Besucher bei Lord of the Dance geben wird....?

Allgegenwärtig fließen in London Stahl und Glas der Moderne zusammen mit Stein, Mauern und Skulpturen der Vergangeheit. Das Auge wird immer wieder herausgefordert zu prüfen, ob die Symbiose gelungen ist oder nicht. Erstaunlich oft finde ich es wirklich geglückt.

Wir wissen nicht, was uns der Architekt mit dieser Fassade sagen wollte - wohl aber, dass sie das Auge zum Flimmern bringt.

Was wäre London ohne seine Pubs?
Dieses Exemplar stellt zumindest schon mal klar, wo das Ganze enden wird. Auf jeden Fall sehen die beiden aber ausgesprochen fröhlich aus - was in dem Zustand keine Selbstverständlichkeit ist.

Zu ihrer Zeit war diese Kirche sicherlich ein Prachtbau und überragte ihre Umgebung. Die neuen Nachbarn verdeutlichen die Vergänglichkeit dieses Eindrucks. In einigen Jahren werden sie selber neben neuen Neubauten vermutlich wieder klein und mickrig aussehen.
Hoffentlich durchbricht die Menschheit irgendwann mal diesen Wahn nach höher und größer.

Zum Abschluss des London-Trips ein Pub mit außergewöhnlichem Namen. Die Tafel, welche den Namen erläutert, fällt wieder unter die Kategorie "britischer Humor" - dem bleibt nichts hinzuzufügen und beendet diesen kleinen Einblick in das wundervolle London.

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